Kino.to: Klagewelle gegen Nutzer in Vorbereitung
Es ist die Nachricht, vor der Millionen User der illegalen Streaming-Plattform Kino.to gezittert haben: Die Staatsanwaltschaft Dresden hat offenbar unzählige Nutzerdaten und bereitet nun Klagen wegen Verstößen gegen das Urheberrecht vor.
Zwar betonten die Betreiber von Kino.to als die Seite noch online war ständig, dass sie keine Nutzerdaten speichern, doch das war offenbar nur die halbe Wahrheit. Während Gelegenheitsnutzer von Kino.to wohl tatsächlich davon ausgehen können, dass entsprechende Verbindungsdaten nicht gespeichert wurden, geht es den Premium-Nutzern jetzt anscheinend an den Kragen. Wie der Focus berichtet, ist die Generalstaatsanwaltschaft Dresden im Besitz der Bezahldaten dieser Kunden.
Premium-User von Kino.to bezahlten per PayPal dafür, beim Ansehen der Streams nicht durch Werbe-Unterbrechungen belästigt zu werden. Da ein Richter des Amtsgerichts Leipzig in einem der Kino.to-Verfahren bereits Ende letzten Jahres feststellte, dass das Ansehen illegaler Streams "dem Grunde nach" einen Verstoß gegen das Urheberrecht darstelle, will die Staatsanwaltschaft Dresden nun mit den beschlagnahmten Nutzer-Daten aktiv werden.
Juristische Streitfrage: Ist das Ansehen von Streams strafbar?
Rechtlich eindeutig ist die Situation dabei allerdings noch längst nicht. Unter Juristen herrscht nach wie vor kein Konsens darüber, ob es beim Betrachten eines Streams zu einer unrechtmäßigen Vervielfältigung des urheberrechtlich geschützten Werkes kommt. Die Rechtsabteilung der Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzung (GVU) vertritt eine eindeutige Position: "Im Verlauf des Streaming-Vorgangs bei Filmen über das Internet erfolgen diverse Speicherungen. Auf dem Endgerät des Nutzers erfolgt stets eine vorübergehende Speicherung. Sie wird durch den Nutzer ausgelöst und liegt in seinem Machtbereich. [...] Das ist rechtlich eine Kopie. Eine Kopie von einer illegalen Vorlage - worum es sich bei den Filmen über kino.to regelmäßig gehandelt hat – ist selbst auch immer illegal. Die Nutzung von illegalen Streams über illegale Portale wie kino.to ist somit selbst illegal."
Anders sieht dies beispielsweise der auf Internet-Recht spezialisierte Anwalt Christian Solmecke: "Normalerweise wird bei solchen Diensten keine Kopie eines Werkes angefertigt. Damit findet auch keine Handlung statt, die im Sinne des Urheberrechts relevant wäre. Um allerdings überhaupt erst die technische Abspielbarkeit zu ermöglichen, werden Teile eines Films im so genannten RAM des Computers gepuffert. Umstritten ist nun, ob diese winzige Kopie, die nur aus technischen Gründen erfolgt, schon eine Verletzung des Urheberrechts darstellen kann. Ich bin der Ansicht, dass das nicht der Fall ist."
Vorladungen und Hausdurchsuchungen befürchtet
Rechtsanwalt Udo Vetter von lawblog.de befürchtet, dass die Strafverfolgungsbehörden im Fall der Kino.to-Premium-Nutzer versuchen werden, den Beschuldigen schnelle Geständnisse zu entlocken, um so einer komplizierten Beweislage zu entgehen. Denn allein eine Überweisung an Kino.to stellt keinesfalls einen Straftatbestand dar – es muss darüber hinaus mindestens noch nachgewiesen werden, dass der Nutzer anschließend tatsächlich auch möglicherweise illegale Streams konsumierte. Vetter rät Betroffenen daher, im Falle einer polizeilichen Vorladung dringend einen Anwalt vorzuschicken, statt sich unter Umständen unwissentlich bei einer Aussage selbst zu belassen.
Zudem ist Vetter, der es für möglich hält, dass die Polizei im Rahmen ihrer Ermittlungen auch Hausdurchsuchungen bei Kino.to-Nutzern durchführt, zuversichtlich, dass in der Angelegenheit noch nicht das letzte Wort gesprochen ist: "Sollte es tatsächlich zu hunderten, wenn nicht sogar tausenden Durchsuchungen kommen, wage ich eine Prognose: Die Sache wird für die Ermittler zum Desaster. Ich halte es für sehr wahrscheinlich, dass sich das Anschauen von Streams in letzter Instanz als nicht strafbar erweist. Den Scherbenhaufen müsste man dann erst mal zusammenkehren." (cel)
http://www.chip.de/news/Kino.to-Klag..._54570910.html