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Alt 16.04.12, 20:33:37
AssassinePB
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Wie Siegfried nach Worms kam.


Den Herrn beschwerte selten | irgend ein Herzeleid.
Er hörte Kunde sagen, | wie eine schöne Maid
Bei den Burgunden wäre, | nach Wünschen wohlgethan,
Von der er bald viel Freuden | und auch viel Leides gewann.


Von ihrer hohen Schöne | vernahm man weit und breit,
Und auch ihr Hochgemüthe | ward zur selben Zeit
Bei der Jungfrauen | den Helden oft bekannt:
Das ladete der Gäste | viel in König Gunthers Land.


So viel um ihre Minne | man Werbende sah,
Kriemhild in ihrem Sinne | sprach dazu nicht Ja,
Daß sie einen wollte | zum geliebten Mann:
Er war ihr noch gar fremde, | dem sie bald ward unterthan.


Dann sann auf hohe Minne | Sieglindens Kind:
All der Andern Werben | war wider ihn ein Wind.
Er mochte wohl verdienen | ein Weib so auserwählt:
Bald ward die edle Kriemhild | dem kühnen Siegfried vermählt.


Ihm riethen seine Freunde | und Die in seinem Lehn,
Hab er stäte Minne | sich zum Ziel ersehn,
So soll er werben, daß er sich | der Wahl nicht dürfe schämen.
Da sprach der edle Siegfried: | «So will ich Kriemhilden nehmen,


«Die edle Königstochter | von Burgundenland,
Um ihre große Schöne. | Das ist mir wohl bekannt,
Kein Kaiser sei so mächtig, | hätt er zu frein im Sinn,
Dem nicht zum minnen ziemte | diese reiche Königin.»


Solche Märe hörte | der König Siegmund.
Es sprachen seine Leute: | also ward ihm kund
Seines Kindes Wille. | Es war ihm höchlich leid,
Daß er werben wolle | um diese herrliche Maid.


Es erfuhr es auch die Königin, | die edle Siegelind:
Die muste große Sorge | tragen um ihr Kind,
Weil sie wohl Gunthern kannte | und Die in seinem Heer
Die Werbung dem Degen | zu verleiden fliß man sich sehr.


Da sprach der kühne Siegfried: | «Viel lieber Vater mein, |
Ohn edler Frauen Minne | wollt ich immer sein,
Wenn ich nicht werben dürfte | nach Herzensliebe frei.»
Was Jemand reden mochte, | so blieb er immer dabei.


«Ist dir nicht abzurathen,» | der König sprach da so,
«So bin ich deines Willens | von ganzem Herzen froh
Und will dirs fügen helfen, | so gut ich immer kann;
Doch hat der König Gunther | manchen hochfährtgen Mann.


«Und wär es anders Niemand | als Hagen der Degen,
Der kann im Uebermuthe | wohl der Hochfahrt pflegen,
So daß ich sehr befürchte, | es mög uns werden leid,
Wenn wir werben wollen | um diese herrliche Maid.»


«Wie mag uns das gefährden!» | hub da Siegfried an:
«Was ich mir im Guten | da nicht erbitten kann,
Will ich schon sonst erwerben | mit meiner starken Hand,
Ich will von ihm erzwingen | so die Leute wie das Land.»


«Leid ist mir deine Rede,» | sprach König Siegmund,
«Denn würde diese Märe | dort am Rheine kund,
Du dürftest nimmer reiten | in König Gunthers Land.
Gunther und Gernot | die sind mir lange bekannt.


«Mit Gewalt erwerben | kann Niemand die Magd,»
Sprach der König Siegmund, | «das ist mir wohl gesagt;
Willst du jedoch mit Recken | reiten in das Land,
Die Freunde, die wir haben, | die werden eilends besandt.»


«So ist mir nicht zu Muthe,» | fiel ihm Siegfried ein,
«Daß mir Recken sollten | folgen an den Rhein
Einer Heerfahrt willen: | das wäre mir wohl leid,
Sollt ich damit erzwingen | diese herrliche Maid.


«Ich will sie schon erwerben | allein mit meiner Hand.
Ich will mit zwölf Gesellen | in König Gunthers Land;
Dazu sollt ihr mir helfen, | Vater Siegmund.»
Da gab man seinen Degen | zu Kleidern grau und auch bunt.


Da vernahm auch diese Märe | seine Mutter Siegelind;
Sie begann zu trauern | um ihr liebes Kind:,
Sie bangt' es zu verlieren | durch Die in Gunthers Heer.
Die edle Königstochter | weinte darüber sehr.


Siegfried der Degen | gieng hin, wo er sie sah.
Wider seine Mutter | gütlich sprach er da:
«Frau, ihr sollt nicht weinen | um den Willen mein:
Wohl will ich ohne Sorgen | vor allen Weiganden sein.


«Nun helft mir zu der Reise | nach Burgundenland,
Daß mich und meine Recken | ziere solch Gewand,
Wie so stolze Degen | mit Ehren mögen tragen:
Dafür will ich immer | den Dank von Herzen euch sagen.»


«Ist dir nicht abzurathen,» | sprach Frau Siegelind,
So helf ich dir zur Reise, | mein einziges Kind,
Mit den besten Kleidern, | die je ein Ritter trug,
Dir und deinen Degen: | ihr sollt der haben genug.»


Da neigte sich ihr dankend | Siegfried der junge Mann.
Er sprach: «Nicht mehr Gesellen | nehm ich zur Fahrt mir an
Als der Recken zwölfe: | verseht die mit Gewand.
Ich möchte gern erfahren, | wie's um Kriemhild sei bewandt.»


Da saßen schöne Frauen | über Nacht und Tag,
Daß ihrer selten Eine | der Muße eher pflag,
Bis sie gefertigt hatten | Siegfriedens Staat.
Er wollte seiner Reise | nun mit nichten haben Rath.


Sein Vater hieß ihm zieren | sein ritterlich Gewand,
Womit er räumen wollte | König Siegmunds Land.
Ihre lichten Panzer | die wurden auch bereit
Und ihre festen Helme, | ihre Schilde schön und breit.


Nun sahen sie die Reise | zu den Burgunden nahn.
Um sie begann zu sorgen | beides, Weib und Mann,
Ob sie je wiederkommen | sollten in das Land.
Sie geboten aufzusäumen | die Waffen und das Gewand.


Schön waren ihre Rosse, | ihr Reitzeug goldesroth;
Wenn wer sich höher dauchte, | so war es ohne Noth,
Als der Degen Siegfried | und Die ihm unterthan.
Nun hielt er um Urlaub | zu den Burgunden an.


Den gaben ihm mit Trauern | König und Königin.
Er tröstete sie beide | mit minniglichem Sinn
Und sprach: «Ihr sollt nicht weinen | um den Willen mein:
Immer ohne Sorgen | mögt ihr um mein Leben sein.»


Es war leid den Recken, | auch weinte manche Maid;
Sie ahnten wohl im Herzen, | daß sie es nach der Zeit
Noch schwer entgelten müsten | durch lieber Freunde Tod.
Sie hatten Grund zu klagen, | es that ihnen wahrlich Noth.


Am siebenten Morgen | zu Worms an den Strand
Ritten schon die Kühnen; | all ihr Gewand
War von rothem Golde, | ihr Reitzeug wohlbestellt;
Ihnen giengen sanft die Rosse, | die sich da Siegfried gesellt.


Neu waren ihre Schilde, | licht dazu und breit,
Und schön ihre Helme, | als mit dem Geleit
Siegfried der kühne | ritt in Gunthers Land.
Man ersah an Helden | nie mehr so herrlich Gewand.


Der Schwerter Enden giengen | nieder auf die Sporen;
Scharfe Spere führten | die Ritter auserkoren.
Von zweier Spannen Breite | war, welchen Siegfried trug;
Der hatt an seinen Schneiden | grimmer Schärfe genug.


Goldfarbne Zäume | führten sie an der Hand;
Der Brustriem war von Seide: | so kamen sie ins Land.
Da gafften sie die Leute | allenthalben an:
Gunthers Mannen liefen | sie zu empfangen heran.


Die hochbeherzten Recken, | Ritter so wie Knecht,
Liefen den Herrn entgegen, | so war es Fug und Recht,
Und begrüßten diese Gäste | in ihrer Herren Land;
Die Pferde nahm man ihnen | und die Schilde von der Hand.


Da wollten sie die Rosse | ziehn zu ihrer Rast;
Da sprach aber Siegfried alsbald, | der kühne Gast:
«Laßt uns noch die Pferde | stehen kurze Zeit:
Wir reiten bald von hinnen; | dazu bin ich ganz bereit.


«Man soll uns auch die Schilde | nicht von dannen tragen; |
Wo ich den König finde, | kann mir das Jemand sagen,
Gunther den reichen | aus Burgundenland?»
Da sagt' es ihm Einer, | dem es wohl war bekannt.


«Wollt ihr den König finden, | das mag gar leicht geschehn:
In jenem weiten Saale | hab ich ihn gesehn
Unter seinen Helden; | da geht zu ihm hinan,
So mögt ihr bei ihm finden | manchen herrlichen Mann.»


Nun waren auch die Mären | dem König schon gesagt,
Daß auf dem Hofe wären | Ritter unverzagt:
Sie führten lichte Panzer | und herrlich Gewand;
Sie erkenne Niemand | in der Burgunden Land.


Den König nahm es Wunder, | woher gekommen sei'n
Die herrlichen Recken | im Kleid von lichtem Schein
Und mit so guten Schilden, | so neu und so breit;
Das ihm das Niemand sagte, | das war König Gunthern leid.


Zur Antwort gab dem König | von Metz Herr Ortewein;
Stark und kühnes Muthes | mocht er wohl sein:
«Da wir sie nicht erkennen, | so heißt Jemand gehn
Nach meinem Oheim Hagen: | dem sollt ihr sie laßen sehn.


«Ihm sind wohl kund die Reiche | und alles fremde Land;
Erkennt er die Herren, | das macht er uns bekannt.»
Der König ließ ihn holen | und Die in seinem Lehn:
Da sah man ihn herrlich | mit Recken hin zu Hofe gehn.


Warum nach ihm der König, | frug Hagen da, geschickt?
«Es werden fremde Degen | in meinem Haus erblickt,
Die Niemand mag erkennen: | habt ihr in fremdem Land
Sie wohl schon gesehen? | das macht mir, Hagen bekannt.»


«Das will ich,» sprach Hagen. | Zum Fenster schritt er drauf,
Da ließ er nach den Gästen | den Augen freien Lauf.
Wohl gefiel ihm ihr Geräthe | und all ihr Gewand;
Doch waren sie ihm fremde | in der Burgunden Land.


Er sprach, woher die Recken | auch kämen an den Rhein,
Es möchten selber Fürsten | oder Fürstenboten sein.
«Schön sind ihre Rosse | und ihr Gewand ist gut;
Von wannen sie auch ritten, | es sind Helden hochgemuth.»


Also sprach da Hagen: | «Soviel ich mag verstehn,
Hab ich gleich im Leben | Siegfrieden nie gesehn,
So will ich doch wohl glauben, | wie es damit auch steht,
Daß er es sei, der Degen, | der so herrlich dorten geht.


«Er bringt neue Mären | her in dieses Land:
Die kühnen Nibelungen | schlug des Helden Hand,
Die reichen Königssöhne | Schilbung und Nibelung;
Er wirkte große Wunder | mit des starken Armes Schwung.


«Als der Held alleine | ritt aller Hülfe bar,
Fand er an einem Berge, | so hört ich immerdar,
Bei König Niblungs Horte | manchen kühnen Mann;
Sie waren ihm gar fremde, | bis er hier die Kunde gewann.


«Der Hort König Nibelungs | ward hervorgetragen
Aus einem hohlen Berge: | nun hört Wunder sagen,
Wie ihn theilen wollten | Die Niblung unterthan.
Das sah der Degen Siegfried, | den es zu wundern begann.


«So nah kam er ihnen, | daß er die Helden sah
Und ihn die Degen wieder. | Der Eine sagte da:
«Hier kommt der starke Siegfried, | der Held aus Niederland.»
Seltsame Abenteuer | er bei den Nibelungen fand.


«Den Recken wohl empfiengen | Schilbung und Nibelung.
Einhellig baten | die edeln Fürsten jung,
Daß ihnen theilen möchte | den Schatz der kühne Mann:
Das begehrten sie, bis endlich | ers zu geloben begann.


«Er sah so viel Gesteines, | wie wir hören sagen,
Hundert Leiterwagen | die möchten es nicht tragen,
Noch mehr des rothen Goldes | von Nibelungenland:
Das Alles sollte theilen | des kühnen Siegfriedes Hand.


«Sie gaben ihm zum Lohne | König Niblungs Schwert:
Da wurden sie des Dienstes | gar übel gewährt,
Den ihnen leisten sollte | Siegfried der Degen gut.
Er könnt es nicht vollbringen: | sie hatten zornigen Muth.


«So must er ungetheilet | die Schätze laßen stehn.
Da bestanden ihn die Degen | in der zwei Könge Lehn:
Mit ihres Vaters Schwerte, | das Balmung war genannt,
Stritt ihnen ab der Kühne | den Hort und Nibelungenland


«Da hatten sie zu Freunden | kühne zwölf Mann,
Die starke Riesen waren: | was konnt es sie verfahn?
Die erschlug im Zorne | Siegfriedens Hand
Und siebenhundert Recken | zwang er vom Nibelungenland.


«Mit dem guten Schwerte, | geheißen Balmung.
Vom Schrecken überwältigt | war mancher Degen jung
Zumal vor dem Schwerte | und vor dem kühnen Mann:
Das Land mit den Burgen | machten sie ihm unterthan.


«Dazu die reichen Könige | die schlug er beide todt.
Er kam durch Albrichen | darauf in große Noth:
Der wollte seine Herren | rächen allzuhand,
Eh er die große Stärke | noch an Siegfrieden fand.


«Mit Streit bestehen konnt ihn | da nicht der starke Zwerg.
Wie die wilden Leuen | liefen sie an den Berg,
Wo er die Tarnkappe | Albrichen abgewann:
Da war des Hortes Meister | Siegfried der schreckliche Mann.


«Die sich getraut zu fechten, | die lagen all erschlagen.
Den Schatz ließ er wieder | nach dem Berge tragen,
Dem ihn entnommen hatten | Die Niblung unterthan.
Alberich der starke | das Amt des Kämmrers gewann.


«Er must ihm Eide schwören, | er dien ihm als sein Knecht,
Zu aller Art Diensten | ward er ihm gerecht.»
So sprach von Tronje Hagen: | «Das hat der Held gethan;
Also große Kräfte | nie mehr ein Recke gewann.


«Noch ein Abenteuer | ist mir von ihm bekannt:
Einen Linddrachen | schlug des Helden Hand;
Als er im Blut sich badete, | ward hörnern seine Haut.
So versehrt ihn keine Waffe: | das hat man oft an ihm geschaut.


«Man soll ihn wohl empfangen, | der beste Rath ist das,
Damit wir nicht verdienen | des schnellen Recken Haß.
Er ist so kühnes Sinnes, | man seh ihn freundlich an:
Er hat mit seinen Kräften | so manche Wunder gethan.»


Da sprach der mächtge König: | «Gewiss, du redest wahr:
Nun sieh, wie stolz er dasteht | vor des Streits Gefahr,
Dieser kühne Degen | und Die in seinem Lehn!
Wir wollen ihm entgegen | hinab zu dem Recken gehn.»


«Das mögt ihr,» sprach da Hagen, | «mit allen Ehren schon:
Er ist von edelm Stamme | eines reichen Königs Sohn;
Auch hat er die Gebäre, | mich dünkt, beim Herren Christ,
Es sei nicht kleine Märe, | um die er hergeritten ist.»


Da sprach der Herr des Landes: | «Nun sei er uns willkommen.
Er ist kühn und edel, | das hab ich wohl vernommen;
Des soll er auch genießen | im Burgundenland.»
Da gieng der König Gunther | hin, wo er Siegfrieden fand.


Der Wirth und seine Recken | empfiengen so den Mann,
Daß wenig an dem Gruße | gebrach, den er gewann;
Des neigte sich vor ihnen | der Degen ausersehn
In großen Züchten sah man | ihn mit seinen Recken stehn.


«Mich wundert diese Märe,» | sprach der Wirth zuhand,
«Von wannen, edler Siegfried, | ihr kamt in dieses Land
Oder was ihr wollet suchen | zu Worms an dem Rhein?»
Da sprach der Gast zum König: | «Das soll euch unverhohlen sein.


«Ich habe sagen hören | in meines Vaters Land,
An euerm Hofe wären, | das hätt ich gern erkannt,
Die allerkühnsten Recken, | so hab ich oft vernommen,
Die je gewann ein König: | darum bin ich hieher gekommen.


«So hör ich auch euch selber | viel Mannheit zugestehn,
Man habe keinen König | noch je so kühn gesehn.
Das rühmen viel der Leute | in all diesem Land;
Nun kann ichs nicht verwinden, | bis ich die Wahrheit befand.


«Ich bin auch ein Recke | und soll die Krone tragen:
Ich möcht es gerne fügen, | daß sie von mir sagen,
Daß ich mit Recht besäße | die Leute wie das Land.
Mein Haupt und meine Ehre | setz ich dawider zu Pfand.


Wenn ihr denn so kühn seid, | wie euch die Sage zeiht,
So frag ich nicht, ists Jemand | lieb oder leid:
Ich will von euch erzwingen, | was euch angehört,
Das Land und die Burgen | unterwerf ich meinem Schwert.»


Der König war verwundert | und all sein Volk umher,
Als sie vernahmen | sein seltsam Begehr,
Daß er ihm zu nehmen | gedächte Leut und Land.
Das hörten seine Degen, | die wurden zornig zuhand.


«Wie sollt ich das verdienen,» | sprach Gunther der Degen,
Wes mein Vater lange | mit Ehren durfte pflegen,
Daß wir das verlören | durch Jemands Ueberkraft?
Das wäre schlecht bewiesen, | daß wir auch pflegen Ritterschaft!»


«Ich will davon nicht laßen,» | fiel ihm der Kühne drein,
«Von deinen Kräften möge | dein Land befriedet sein,
Ich will es nun verwalten; | doch auch das Erbe mein,
Erwirbst du es durch Stärke, | es soll dir unterthänig sein.


«Dein Erbe wie das meine | wir schlagen gleich sie an,
Und wer von uns den Andern | überwinden kann,
Dem soll es alles dienen, | die Leute wie das Land.»
Dem widersprach da Hagen | und mit ihm Gernot zuhand.


«So stehn uns nicht die Sinne,» | sprach da Gernot,
«Nach neuen Lands Gewinne, | daß Jemand sollte todt
Vor Heldeshänden liegen: | reich ist unser Land,
Das uns mit Recht gehorsamt, zu Niemand beßer bewandt.»


In grimmigem Muthe | standen da die Freunde sein.
Da war auch darunter | von Metz Herr Ortewein.
Der Sprach: «Die Sühne | ist mir von Herzen leid:
Euch ruft der starke Siegfried | ohn allen Grund in den Streit.


«Wenn ihr und eure Brüder | ihm auch nicht steht zur Wehr,
Und ob er bei sich führte | ein ganzes Königsheer,
So wollt ichs doch erstreiten, | daß der starke Held
Also hohen Uebermuth, | wohl mit Recht bei Seite stellt.»


Darüber zürnte mächtig | der Held von Niederland:
«Nicht wider mich vermeßen | darf sich deine Hand:
Ich bin ein reicher König, | du bist in Königs Lehn;
Deiner zwölfe dürften | mich nicht im Streite bestehn.»


Nach Schwertern rief da heftig | von Metz Herr Ortewein: |
Er durfte Hagens Schwestersohn | von Tronje wahrlich sein;
Daß er so lang geschwiegen, | das war dem König leid.
Da sprach zum Frieden Gernot, | ein Ritter kühn und allbereit.


«Laßt euer Zürnen bleiben,» | hub er zu Ortwein an,
«Uns hat der edle Siegfried | noch solches nicht gethan;
Wir scheiden es in Güte | wohl noch, das rath ich sehr,
Und haben ihn zum Freunde; | es geziemt uns wahrlich mehr.»


Da sprach der starke Hagen | «Uns ist billig leid
und all euern Degen, | daß er je zum Streit
an den Rhein geritten: | was ließ er das nicht sein?
So übel nie begegnet | wären ihm die Herren mein.»


Da sprach wieder Siegfried, | der kraftvolle Held:
«Wenn euch, was ich gesprochen, | Herr Hagen, missfällt,
So will ich schauen laßen, | wie noch die Hände mein
Gedenken so gewaltig | bei den Burgunden zu sein.»


«Das hoff ich noch zu wenden,» | sprach da Gernot.
Allen seinen Degen | zu reden er verbot
In ihrem Uebermuthe, | was ihm wäre leid.
Da gedacht auch Siegfried | an die viel herrliche Maid.


«Wie geziemt' uns mit euch zu streiten?» | sprach wieder Gernot
«Wie viel dabei der Helden | auch fielen in den Tod,
Wenig Ehre brächt uns | so ungleicher Streit.»
Die Antwort hielt da Siegfried, | König Siegmunds Sohn, bereit:


Warum zögert Hagen | und auch Ortewein,
Daß er nicht zum Streite | eilt mit den Freunden sein,
Deren er so manchen | bei den Burgunden hat?»
Sie blieben Antwort schuldig, | das war Gernotens Rath.


«Ihr sollt uns willkommen sein,» | sprach Geiselher das Kind,
«Und eure Heergesellen, | die hier bei euch find:
Wir wollen gern euch dienen, | ich und die Freunde mein.»
Da hieß man den Gästen | schenken König Gunthers Wein.


Da sprach der Wirth des Landes: | «Alles, was uns gehört,
Verlangt ihr es in Ehren, | das sei euch unverwehrt;
Wir wollen mit euch theilen | unser Gut und Blut.»
Da ward dem Degen Siegfried | ein wenig sanfter zu Muth.


Da ließ man ihnen wahren | all ihr Wehrgewand;
Man suchte Herbergen, | die besten, die man fand:
Siegfriedens Knappen | schuf man gut Gemach.
Man sah den Fremdling gerne | in Burgundenland hernach.


Man bot ihm große Ehre | darauf in manchen Tagen,
Mehr zu tausend Malen, | als ich euch könnte sagen;
Das hatte seine Kühnheit | verdient, das glaubt fürwahr.
Ihn sah wohl selten Jemand, | der ihm nicht gewogen war.


Flißen sich der Kurzweil | die Könge und ihr Lehn,
So war er stäts der Beste, | was man auch ließ geschehn.
Es konnt ihm Niemand folgen, | so groß war seine Kraft,
Ob sie den Stein warfen | oder schoßen den Schaft.


Nach höfscher Sitte ließen | sich auch vor den Fraun
Der Kurzweile pflegend | die kühnen Ritter schaun:
Da sah man stäts den Helden | gern von Niederland;
Er hatt auf hohe Minne | seine Sinne gewandt.


Die schönen Fraun am Hofe | erfragten Märe,
Wer der stolze fremde | Recke wäre.
«Er ist so schön gewachsen, | so reich ist sein Gewand!»
Da sprachen ihrer Viele: | «Das ist der Held von Niederland.»


Was man beginnen wollte, | er war dazu bereit;
Er trug in seinem Sinne | eine minnigliche Maid,
Und auch nur ihn die Schöne, | die er noch nie gesehn,
Und die sich doch viel Gutes | von ihm schon heimlich versehn.


Wenn man auf dem Hofe | das Waffenspiel begann,
Ritter so wie Knappen, | immer sah es an
Kriemhild aus den Fenstern, | die Königstochter hehr;
Keiner andern Kurzweil | hinfort bedurfte sie mehr.


Und wüst er, daß ihn sähe, | die er im Herzen trug,
Davon hätt er Kurzweil | immerdar genug.
Ersähn sie seine Augen, | ich glaube sicherlich,
Keine andre Freude | hier auf Erden wünscht' er sich.


Wenn er bei den Recken | auf dem Hofe stand,
Wie man noch zur Kurzweil | pflegt in allem Land,
Wie stand dann so minniglich | das Sieglindenkind,
Daß manche Frau ihm heimlich | war von Herzen hold gesinnt.


Er gedacht auch manchmal: | «Wie soll das geschehn,
Daß ich das edle Mägdlein | mit Augen möge sehn,
Die ich von Herzen minne, | wie ich schon längst gethan?
Die ist mir noch gar fremde; | mit Trauern denk ich daran.»


So oft die reichen Könige | ritten in ihr Land,
So musten auch die Recken | mit ihnen all zur Hand.
Auch Siegfried ritt mit ihnen: | das war der Frauen leid;
Er litt von ihrer Minne | auch Beschwer zu mancher Zeit.


So wohnt' er bei den Herren, | das ist alles wahr,
In König Gunthers Lande | völliglich ein Jahr,
Daß er die Minnigliche | in all der Zeit nicht sah,
Durch die ihm bald viel Liebes | und auch viel Leides geschah.


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